Tags: Effizienz, Lektorat
Autor/in: Caroline Breitfelder
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Wuuusch, da rauscht die nächste Mail mit einem kecken „Pling!“ ins Postfach und gesellt sich erwartungsvoll zu den fünfzig anderen Nachrichten, die man noch zu bearbeiten hat. Vor sich zahlreiche Manuskripte, Textmarker (natürlich in rot!), ein aufgeklappter Laptop mit etwa hundert offenen Tabs, mehrere Liter Kaffee, überall harren Deadlines und alle fünf Minuten klingelt das Telefon. Der Alltag eines Lektors oder einer Lektorin kann schon mal unübersichtlich werden und die Effizienz  etwas abhanden kommen. Da ist es besser, man wappnet sich mit einem wasserdichten Schlachtplan für all die anstehenden Bestseller, die es zu lektorieren gilt.

Was müssen Lektor*innen leisten? 

Woraus besteht der Arbeitsalltag eines Lektors oder einer Lektorin eigentlich? Eine*n Lektor*in kann man sich als eine Art Knoten- und Angelpunkt zwischen Verlags- und Autorenwelt vorstellen. Sie vertreten die Interessen der Schriftsteller*innen gegenüber dem Verlag und andersherum. Sie sind in beide Welten eingebunden und vermitteln zwischen ihnen, um schlussendlich die bestmögliche Version eines Manuskripts in ein Buch zu verwandeln. Neben Kommunikation und Planungsarbeit steht natürlich auch noch die Arbeit direkt am Text im Fokus: Im Lektorat wird ein Text gründlich auf seine Ecken, Kanten und verborgenen Stärken und Schwächen geprüft. Rechtschreib- und Grammatikfehler weichen den Argusaugen der Lektor*innen, der rote Faden wird gestärkt und Charaktere fein gezeichnet. All das kann natürlich nur in enger Zusammenarbeit mit dem Autor oder der Autorin erfolgen.

 

Effizienz im Lektorat

Kommunikation und noch mehr Kommunikation sichern die Effizienz

Für Lektoren und Lektorinnen sind Zusammenarbeit und Absprachen sowohl mit ihrem Verlag (sofern sie nicht freiberuflich unterwegs sind) als auch mit den Schriftsteller*innen, die sie betreuen, von großer Wichtigkeit. Das kann auch mal anstrengend werden, aber je früher man das weitere Vorgehen, beider Arbeitsweise, feste Termine und Deadlines abspricht und sich auch daran hält, desto eher können Missverständnisse vermieden werden. Sinnvoll ist es zum Beispiel, einen festen wöchentlichen Termin (oder mehrere, je nach Lektoratsphase) für ein Telefonat zu vereinbaren für das sich beide Parteien Zeit nehmen. Darin können Neuigkeiten, Ideen oder Probleme besprochen werden. So wird die Effizienz der Kommunikation und damit der Abreit sichergestellt und unnötige Warterei erspart.

Die Beziehung zu Schriftsteller oder Schriftstellerin zu pflegen und gleichzeitig den Verlag auf dem Laufenden zu halten und beider Interessen zusammenzubringen, ist Priorität Nr. 1 des Lektorenberufs.

Wie arbeiten Lektoren effizient?

Ein guter Plan ist die halbe Miete für die Effizienz der Arbeit

Abgesehen von einem detaillierten Termin- und Arbeitsplan, in dem Meetings, Deadlines und weitere wichtige Arbeitsschritte verzeichnet sind, ist es auch sinnvoll, ein vorliegendes Manuskript nach einem gewissen Plan zu bearbeiten, um die Effizienz zu wahren. Natürlich hat jede*r Lektor*in eine eigene Lieblingsstrategie, hier stellen wir euch mal eine mögliche vor.

Zuerst macht es Sinn, sich einen Überblick über den Text zu verschaffen: Welchen Aufbau verfolgt er, welchen Stil? Welche Charakterentwicklungen bahnen sich an, auf welches Ende läuft die Handlung hinaus? In dieser Phase muss die Feinkorrektur noch nicht vorgenommen werden, sondern vielmehr geht es darum, sich inhaltlich in dem Text zurechtfinden zu können. Ein Exzerpt für jedes Kapitel oder die wichtigsten Bausteine des Buches bietet sich an, in das man immer wieder hineinschauen kann. Manche Lektor*innen verschaffen sich diesen Überblick bereits in dem Entscheidungsprozess, welcher der Manuskriptannahme oder -ablehnung vorausgeht.

Nach diesem ersten Durchgang kann ein detaillierteres Lektorat folgen; nun wird auf Grammatik, Ausdruck und Rechtschreibfehler geachtet. Da der Überblick schon gegeben und idealerweise in Form eines Exzerpts abrufbar ist (s.o.), können auch Inkonsistenzen in der Charakterentwicklung oder Handlung schneller entdeckt und getilgt werden.

Teilübersichten erleichtern die Arbeit

Was hier Wunder wirkt, sind kleine Teilübersichten; Tabellen, Mindmaps oder einfach Stichpunktsammlungen zu allen wichtigen Bestandteilen der Geschichte: Zu den einzelnen Charakteren (Wer ist es? Was macht ihn oder sie aus? Gibt es charakteristische Handlungsweisen? Was motiviert ihn oder sie?), der Handlung (werden aufgeworfene Fragen oder Probleme zufriedenstellend beantwortet? Ist der Aufbau der Handlung konstant logisch?), des chronologischen Zeitablaufs der Geschichte, den wichtigsten Orten und ihren Merkmalen, offene Fragen, die man an Autor*in stellen möchte, usw. 

Eine Absprache mit dem Autoren / der Autorin nach diesem Durchgang empfiehlt sich; am besten schickt man ihm oder ihr gleich das ganze verbesserte Ding. Zu diesem Zeitpunkt können nämlich auch schon einige bedeutende Änderungen erfolgt sein, die von dem / der Urheber*in abgesegnet werden müssen.

Der Plan und die Effizienz

Ein letzter Durchgang 

Sind die Änderungen besprochen, nochmal überarbeitet und eingefügt oder verworfen worden, hat man meist nochmal einen neuen Text vor sich, den es wiederum sorgfältig zu lesen gilt. Der Lektoratsaufwand ist nun natürlich geringer, da es sich nicht um den ersten aufmerksamen Durchgang handelt. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, genau acht zu geben. Immerhin meint man nun, den Text schon zu kennen, und überfliegt möglicherweise bekannte Passagen, in denen sich bisher unentdeckte Fehlerchen verstecken können. Das schadet der Effizienz, denn im schlimmsten Fall muss man erneut lesen.

Hier also, bei dem Manuskript 2.0, ist noch einmal große Aufmerksamkeit gefordert, vor allem auch, was die Handlungsstränge und deren Auflösung angeht, also das große Ganze. Alle Änderungen müssen natürlich immer abgesprochen werden; in der letzten Phase eines Lektorats gibt es meist noch ein fröhliches Hin und Her, bis wirklich alle Kleinigkeiten zur beiderseitigen Zufriedenheit erledigt wurden. Auch wäre eine Übersicht, eventuell eine Art „Arbeitstagebuch“, ein Kompass, der lebensrettend wirken kann: Was muss ich heute / diese Woche / diesen Monat erledigt haben? Was wurde bereits erledigt?, und, und, und. Dieses Gefiesel und Hin und Her lohnt sich aber, ergibt sich daraus doch in den meisten Fällen eine Geschichte, die es sich lohnt, zu lesen – und man behält danach nicht nur graue Haare auf dem Kopf.