Tags: Worte, Textanalyse

Autor/in: Caroline Breitfelder

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Zu schön zum Vergessen

 

Sprache verändert sich. Manche Worte sind heute zu altmodisch für den allgemeinen Sprachgebrauch, out of date, zu umständlich, werden ersetzt oder schlichtweg vergessen. Bei manchen Begriffen, wie zum Beispiel der wenig schmeichelhaften Bezeichnung „Hupfdohle“ für Tänzer*innen, würde ich sagen, der Verlust ist zu verkraften. Andere Worte jedoch sind eigentlich zu schön, um sie völlig zu vergessen. Deswegen begeben wir uns heute auf Spurensuche nach den (fast) ausgestorbenen Wörtern, die einst unsere Sprache bevölkert haben. 

Ausgestorbene Worte

Backfisch

(Substantiv)

Ich hätte es nicht gerne gehört, aber irgendwie ist es doch auch liebevoll – und für pubertierende Mädchen hätte man wohl noch ganz andere Worte gefunden … Die Bezeichnung „Backfisch“ kommt aus dem Englischen und war ursprünglich gedacht für zu kleine Fische, die wieder „back“, also zurück ins Meer geworfen wurden. 

Lümmeltüte

(Substantiv)

… bezeichnete ursprünglich ein Kondom. Eine Tüte für den Lümmel eben. 

Klimbim

(Substantiv)

„Klimbim“ bedeutet so viel wie „unnützes Zeug“, Flitterkram. Das Wort war so beliebt, dass eine der ersten deutschen Comedy-Fernsehserien in den 70er Jahren danach benannt wurde.

Infam

(Adjektiv)

Wenn etwas infam ist, dann ist es unmöglich, bösartig, schädigend.

Zorngickel

(Substantiv)

Ganz ehrlich, wenn sich mal wieder jemand über Gebühr aufregt, dann werde ich ihn ab jetzt nur noch einen Zorngickel (hessisch) schimpfen – einen leicht zu erzürnenden Menschen, der absolut alles „infam“ findet.

Mumpitz

(Substantiv)

Unsinn, den man nicht zu beachten braucht – das ist Mumpitz.

Imponderabel

(Adjektiv)

bedeutet unwägbar, unberechenbar und unerwartet. Ein schönes Beispiel gibt es von Immanuel Kant: „Eine absolut imponderable Materie würde die sein, welche alle Materie enthält.“

Unbill

(Substantiv)

Unbill bedeutet so viel wie eine Kränkung oder ein Unrecht. Etwas ist unbillig, wenn es unrecht ist.

Feuriger Elias 

(Substantiv)

Da ich einen Elias persönlich kenne, mag ich dieses Wort besonders gerne. Ursprünglich nannte man eine alte, funkensprühende Dampflokomotive so; der Name basiert angeblich auf dem Propheten Elias, der über den Himmel raste in einem von feurigen Rossen gezogenen Wagen.

Mamihlapinatapai

Das ist zwar kein typisches deutsches Alt-Wort, aber es ist zu schön, um es in dieser Aufzählung wegzulassen. Der Begriff wurde von den Yaghan, Ureinwohner Südamerikas, geschaffen und bedeutet grob übersetzt einen Moment zwischen zwei Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen, aber von denen keiner von beiden sich traut, auf den anderen zuzugehen … quasi eine verpasste Gelegenheit.

Das Wort Mamihlapinatapai steht als das „prägnanteste Wort“ im Guinness-Buch der Rekorde. 

Haselieren

(Verb)

Das Wort basiert auf dem französischen harceler, was so viel bedeutet wie jemanden zu belästigen; im Deutschen benutzte man es, wenn jemand derbe Späße machte oder umhertobte und lärmte.

Larmoyanz

(Substantiv)

… bedeutet Rührseligkeit oder Überempfindlichkeit; jemand, der larmoyant ist, ist hochsensibel und weinerlich. Die Wortherkunft lässt sich erneut im Französischen finden: la larme bedeutet die Träne. Hübsch in diesem Zusammenhang ist auch das Wort „Kräutchen Rührmichnichtan“, basierend auf der Mimose, einer tropischen Pflanze, die sich bei Berührung sofort zusammenfaltet. 

Malefiz

(Substantiv)

Man fühlt sich sogleich an Malefiz, die böse Hexe aus Disneys Dornröschen-Film, erinnert. Der Name passt nicht schlecht, denn Malefiz ist ein altes Wort für Missetat oder Verbrechen.

Contenance 

(Substantiv)

Ganz gewiss eines der häufigsten Wörter in meinem persönlichen Sprachgebrauch: Wahrt man seine Contenance, wahrt man die Haltung / Würde / Fassung.

Galan

(Substantiv)

Ein Galan ist ein hübsch herausgeputzter Mann, der sich mit besonderer Zuvorkommenheit und netten Worten um seine erwählte Dame bemüht.

 

Springinsfeld 

(Substantiv)

Ein Springinsfeld ist jemand, der jung ist, unbekümmert und nicht unbedingt zuverlässig. Eines der vielen Worte, das man verwenden kann, um junge Männer zu beschreiben, auf die man sich nicht verlassen kann; man beachte etwa Laffe, Schlawiner, Schaumschläger und Luftikus; oder, mein persönlicher Liebling, Poussierstängel. Die Damen von früher hatten gewiss mehr Auswahl, um sich über ihre Hallodris aufzuregen.

Wonniglich

(Adjektiv)

Das Wort klingt genauso schön, wie seine Bedeutung es ist: ist etwas wonniglich, dann ist es beseligend, bringt Freude und eben Wonne.

Schwadronieren

(Verb)

… bedeutet unnütz, laut und eindringlich daherreden. Salbadern wäre auch eine nette Alternative hierfür.

 

Gelackmeiert 

(Adjektiv)

Wenn man gelackmeiert wurde, dann wurde man verhohnepipelt, also betrogen und hereingelegt.

Philister 

(Substantiv)

Ein Philister ist ein Spießbürger, ein kleinlicher und spießiger Mensch.

Derohalben

(Adverb)

Bedeutet so viel wie „deshalb“, klingt aber viel besser. Tipps für die nächste Hausarbeit an der Uni oder die nächste Geschäftsmail: Derohalben komme ich zu dem Schluss, dass … 

Buttervogel

(Substantiv)

… ist ein altes Wort für Schmetterling. Früher dachte man nämlich, dass Schmetterlinge verzauberte Hexen seien, die um Milch und Butter herumflattern und diese stehlen wollen. Da braucht man sich auch nicht mehr lange fragen, woher das englische „butterfly“ kommt.

Kabale 

(Substantiv)

… kennen wir alle aus Schillers „Kabale und Liebe“: Kabale ist ein veraltetes Wort für Intrige.

Wähle deine Worte weise

… Sind das nicht großartige alternative Worte für unsere Alltagssprache? Ich bin jedenfalls gewillt, in Zukunft meine Feinde Zorngickel und ihre Beleidigungen infame Kabale zu nennen und meine unglücklichen Affären als Luftikusse und Poussierstängel zu bezeichnen. (Da ich aber nicht als larmoyant gelten möchte – ich bin ja kein Backfisch mehr –, werde ich derohalben stets dabei meine Contenance wahren.) Ich werde weiterhin nicht mehr prokrastinieren, sondern meine Zeit wonniglich mit Klimbim verbringen … und jetzt werde ich mich aufmachen, meinen nächsten Mamihlapinatapai suchen gehen. Auf bald!